Kosmos-Lesung mit Prof. Dr. Corine Pelluchon
Hoffnung im Kontext des Klimawandels und der globalen Krise
Hoffnung oder Zuversicht, auf Französisch espérance, ist die Fähigkeit, die Zukunft in der Gegenwart zu sehen und im Chaos der Gegenwart die Anfänge einer sozialen Bewegung zu erkennen, die trotz der ihr entgegenstehenden Kräfte mit ihr einhergeht. Deshalb unterscheidet sich Hoffnung von Optimismus, der eine Maske der Verleugnung ist und glauben macht, man habe die Situation unter Kontrolle. Hoffnung ist keine psychologische Eigenschaft, sondern eine Tugend. Deshalb unterscheidet sie sich auch von einer persönlichen Erwartung, die im Französischen mit dem Wort „espoir” bezeichnet wird. Paradoxerweise bietet die aktuelle klimatische, politische und geopolitische Situation, die uns mit Instabilität konfrontiert und uns zwingt, viele unserer Gewissheiten in Frage zu stellen, den richtigen Zeitpunkt, um von Hoffnung zu sprechen. Denn diese Situation erfordert, Verluste zu akzeptieren und Negativität zu erfahren. Wenn Hoffnung jedoch, wie Bernanos sagt, „die besiegte Verzweiflung” ist, muss man auch bedenken, dass Verzweiflung mit einer destruktiven Dialektik einhergeht und oft zu Groll führt. Deshalb ist es wichtig, die politische Dimension der Hoffnung zu betonen. Denn die extremen Risiken, mit denen wir konfrontiert sind, tragen dazu bei, dass Menschen versucht sind, ihr Gefühl der Ohnmacht in Allmacht umzuwandeln, anstatt sich den Gefahren und ihren eigenen Grenzen zu stellen. Dies erklärt die Anziehungskraft simplifizierender Diskurse der extremen Rechten, von Polarisierung, Präsentismus und zügellosem Konsum. Die Frage lautet daher: Wie können wir die negativen Emotionen, die mit Verlusterfahrungen und dem Bewusstsein für Gefahren, das Böse und unsere eigene Fehlbarkeit verbunden sind, in konstruktives Engagement umwandeln? Wie kann Hoffnung uns das richtige Maß geben, um die Zukunft in der Gegenwart zu sehen, ja sogar in den Versprechen der Vergangenheit, die wir nicht gehalten haben? Welche Art von Energie ist dafür erforderlich und wie unterscheidet sich diese transformative Kraft von der pathologischen Energie, die den Nationalismus und die Rechtspopulisten charakterisiert?
Corine Pelluchon ist Philosophin und Professorin an der Universität Gustave-Eiffel nahe Paris. Ihre Schwerpunkte sind Tier- und Umweltethik, politische Philosophie und Phänomenologie. Sie hat zwanzig Bücher veröffentlicht, darunter Das Zeitalter des Lebendigen: eine neue Philosophie der Auffklärung (WBG 2021), Manifest für die Tiere (C. H. Beck 2020), Die Durchquerung des Unmöglichen: Hoffnung in Zeiten der Klimakatastrophe (C. H. Beck 2023), Levinas verstehen. Ein Philosoph für unsere Zeit (Karl Alber 2025). Ihre zwei neuesten Bücher, die bei Beck 2026 und 2027 auf Deutsch erscheinen werden, sind La démocratie sans emprise ou la puissance du féminin (Rivages 2025) und L’être et la mer. Pour un existentialisme écologique (PUF 2024). Ihr Werk wurde 2020 mit dem Günther Anders-Preis für kritisches Denken und 2025 mit dem Dr. Leopold-Lucas Preis ausgezeichnet.
Moderation: Prof. Marcel Robischon, Leiter des Fachgebietes Agrarökologie am Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin
Die Veranstaltung findet in deutscher Sprache statt.
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