Freiräume-Projekte 2025/26
Die geförderten Projekte und Wissenschaftler:innen für die neue Runde der Förderlinie „Open Humboldt Freiräume“ stehen fest. Der Open Humboldt Expert:innenkreis hat eine Förderempfehlung für drei Anträge ausgesprochen. Die Universitätsleitung ist dieser Empfehlung gefolgt und fördert folgende Projekte im Sommersemester 2025 bzw. Wintersemester 2025/2026:
Projekt: Nachfrageseitige Minderung des Klimawandels: Bürgernahe Lösungen für klimafreundlichen Energieverbrauchsverhalten (SoSe 2025)
Dr. Alona Zharova, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Der Gebäudesektor ist zentral für die Energiewende: 30% des Energiebedarfs entfallen auf Gebäude. Die Menge an CO2-Emissionen, die bei der Erzeugung einer Kilowattstunde Strom entsteht, hängt stark von den verwendeten Energiequellen ab und variiert zeitlich. Da erneuerbare Energien deutlich weniger CO2-intensiv sind, ist es sinnvoll, den Energieverbrauch auf Zeiten zu verlagern, in denen ein höherer Anteil an Strom aus erneuerbaren Quellen im Netz verfügbar ist. Mit anderen Worten: wenn man ein Gerät nur wenige Stunden früher oder später einschaltet, kann man bereits spürbare CO2-Emissionen einsparen.
Für den Transfer der bestehenden Forschungsergebnisse in die Gesellschaft haben wir eine KI-gestützte Plattform entwickelt, die Bürger:innen dabei helfen soll, ihren Energieverbrauch durch zeitliche Verschiebungen des Energieverbrauchs effizienter zu gestalten und damit CO2-Emissionen von der Energieproduktion zu reduzieren. Das Projekt zielt darauf ab, im Austausch mit den Bürger:innen in Deutschland die möglichen Wege und Hindernisse für Effektivität der Plattform, Akzeptanz, praktische Anwendbarkeit und eine großflächige Verbreitung zu untersuchen, sowie aus den Ergebnissen des Austausches neue Erkentnisse über Energieverbrauchsverhalten zu gewinnen und neue wissenschaftliche Fragestellungen zu definieren.
Projekt: NS-Unrecht in juristischer Ausbildung und Zivilgesellschaft (SoSe 2025)
Prof. Dr. Jan Thiessen, Juristische Fakultät
Seit 2021 fordert § 5a des Deutschen Richtergesetzes für das juristische Studium: „die Vermittlung der Pflichtfächer erfolgt auch in Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur“. Auslöser hierfür war die „Rosenburg“-Studie (Bundesjustizministerium, 2013-2016), die ergab, dass im Ministerium von 1949 bis in die 1970er Jahre viele schwer belastete Nazijuristen tätig waren, ohne dass dies in Politik und Öffentlichkeit nennenswert kritisch reflektiert worden wäre. Ausdrücklicher Auftrag des Gesetzes ist es, junge Jurist:innen dazu zu ermächtigen, in ihrem künftigen Berufsleben, egal an welcher Stelle der Gesellschaft, aktiv allen Versuchen entgegenzutreten, Würde, Freiheit und Gleichheit aller Menschen durch Unrecht im Gewand des Rechts anzugreifen.
Vor diesem Hintergrund möchte ich mit dem Vorhaben diesen gesetzlichen Auftrag umsetzen, indem ich Kontinuitäten und Diskontinuitäten des heutigen Rechts und der heutigen juristischen Ausbildung zum NS-Unrecht in einem innovativen Lehrbuch darstelle, welches klassische und digitale Lehrformen verknüpft und durch OpenAccess-Publikation und Einbeziehung von Akteuren der Zivilgesellschaft in diese hinein- und zurückwirkt. Zu behandeln sind Bezugspunkte im jeden Menschen alltäglich umgebenden Verfassungs-, Verwaltungs-, Zivil- und Strafrecht, die Anlass geben, verborgene Prägungen durch NS-Unrecht sichtbar zu machen.
Zum einen hat das Projekt zum Ziel, in der juristischen Ausbildung ein interdisziplinäres Verständnis, die nötige Sensibilität für die zu behandelnden Themen und eine bessere Reflektion von historischen, gesellschaftlichen oder politischen Grundlagen des juristisches Fachwissens zu fördern. Zum anderen werden neben Studierenden und Lehrenden vor allem universitätsexterne Einrichtungen und Akteure einbezogen, in deren Praxis es auf juristische Bewertungen im Kontext von NS-Unrecht ankommt. Beispiele hierfür, je nach thematischen und rechtlichen Kontexten, sind Bundestag und Bundesrat, Rechtsanwälte, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Provenienzforscher:innen, Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Bundesfinanzministerium u.a. Diese Kontakte möchte ich für die Lehre nutzen, zugleich meine Forschungsergebnisse und Lehrerfahrungen den universitätsexternen Akteuren zur Verfügung stellen.
Projekt: Overlaps of Empire in Humboldt-Universität's Academic Collections (WiSe 2025/26)
Prof. Dr. Gesa Stedman, Zentralinstitut Großbritannien-Zentrum
Während der Arbeit an dem künstlerischen Austauschprojekt „Afterlives of Empire – Encounters of Art and Academia“ mit Oxforder und Berliner Kunststudierenden ist es in verschiedenen Sammlungen der HU aufgefallen, dass erwartbar nicht nur das deutsche Kolonialreich untrennbar mit der Sammlungstätigkeit vieler Wissenschaftler verbunden war, sondern in vielen Fällen diese Tätigkeit von Vertretern des Britisch Empire vorbereitet, unterstützt oder z.T. erst möglich gemacht wurde. Dieser Verbindung beider Kolonialreiche widmet sich das neue Projekt.
Es geht den Spuren des britischen und deutschen Kolonialreichs in ausgewählten Sammlungen der HU nach und beteiligt bei der Forschungsarbeit Schüler:innen, Künstler:innen, BUA-Studierende und Berliner Betroffene aus den Ländern, aus denen die Sammlungsgegenstände stammen. Ziel ist ein zirkuläres Vorgehen, das Menschen aus der künstlerischen Praxis, außeruniversitäre Betroffene, junge Menschen und Wissenschaftler:innen in einen kreativen Dialog bringt und das Ergebnis dieses Dialogs auf vielfältige Weise in Form einer Projektwebsite, einem gedruckten Katalog, künstlerischen Arbeiten und wissenschaftlichen Aufsätzen nachhaltig zugänglich hält.
Weitere Informationen:
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Xenia Muth
Referentin Wissensaustausch mit der GesellschaftHermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik
Humboldt-Universität zu Berlin
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